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Der Schreiber des Hebräerbriefs sagt: „Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird" (Heb 12,14). In diesem Vers werden wir ausdrücklich aufgefordert, mit aller Anstrengung (Jagen!) den Frieden zu suchen und ihm nachzueifern. Als solche, die Frieden mit Gott haben durch unseren Herrn Jesus Christus (Röm 5,1), sollen wir diesen Frieden in unserem praktischen Leben suchen, ja ihm nacheifern. Es gibt im Miteinander von Gläubigen viele Quellen, die zu Unfrieden, Unruhe und Streit führen.

Hier aber werden wir ermahnt, diesen Frieden mit allen zu suchen, nicht nur mit dem einen oder anderen, nicht nur mit Freunden. Tatsächlich ist das eine Ermahnung, die uns in das Licht Gottes stellt. Denn die Frage ist und bleibt: Suche ich den Frieden im Miteinander, oder suchen ich, meine Meinung durchzusetzen. Da Gott der Gott des Friedens ist (Heb 13,20 und an manchen anderen Stellen), sollen seine Kinder genau dadurch geprägt sein.

Frieden oder Unruhe stiften

Warum komme ich auf dieses Thema? Die letzten Wochen haben vielen Gläubigen viel abverlangt. Das gilt gerade im Blick auf Überlegungen, wie man mit dem Regierungsverbot öffentlicher Versammlungen (und zum Teil den Ausgangssperren sowie den Kontaktsperren) im Blick auf das Brotbrechen umgehen soll. Ich habe auf dieser Seite zu diesem Thema eine Reihe von Podcasts und Artikel gebracht. Dazu gibt es gewöhnlich wenige Reaktionen; in den letzten Wochen waren es deutlich mehr, die einen direkt oder indirekt erreichten. Solche Reaktionen sind manchmal dankbare und ermutigende Hinwiese, genauso aber auch kritische und warnende.

Wie geht man nun damit um? Das ist eine Herausforderung. Wie im Dienst ganz allgemein gibt es einen und nur einen Auftraggeber: Das ist der Herr. Aber nach 1. Korinther 14,29 sollen die anderen urteilen. Und dieses Urteil dürfen wir keineswegs gering achten. Es muss immer überdacht werden, auch wenn wir unsere Verantwortung vor dem Herrn nicht abstreifen können und dürfen. Dieses Bedenken ist natürlich so einfach nicht, wenn die Kommentare sehr unterschiedlich sind.

Es ist immer ein Problem, wenn ein Artikel dazu bringt, dass man die Zuhörer in Befürworter und Ablehner spaltet. Natürlich finden wir im Neuen wie im Alten Testament manche Beispiele, wo Diener das ausgelöst haben. Aber wir müssen uns doch fragen, ob wir nicht gerade dann, wenn wir es mit ernsthaften Christen zu tun haben, bei solch gegensätzlichen Beurteilungen zum Unfrieden und Streit aufrufen. Das darf niemals unser Ziel sein. Was aber, wenn es doch so ist?

Wir haben den Auftrag, die Wahrheit Gottes vorzustellen und auch zu ihr zu stehen (2. Tim 4,2). Aber wir sollen es nicht durch Streit, sondern milde und sanftmütig tun. In diesem Sinn muss man jeden Artikel hinterfragen und überdenken. Oft nimmt man sich dafür keine oder zu wenig Zeit. Wenn jemand persönlich durch solche Artikel unter Druck gesetzt wird (oder sich unter Druck gesetzt fühlt - und ich meine jetzt nicht, dass wir durch die Predigt des Wortes Gottes nicht uns selbst und die Gläubigen in das Licht Gottes stellen sollten), ist das nicht gut. Nie dürfen wir die Artikel von anderen - auch nicht die von bewährten Brüdern des 19. Jahrhunderts - als Anlass benutzen, um am Ort den Frieden zu beeinträchtigen. Das heißt nicht, dass wir schweigen sollten, wenn die Dinge am Ort in einer Weise gehandhabt werden, die man so persönlich als nicht schriftgemäß oder schwierig empfindet.

In diesem Sinn ist es natürlich richtig, dass man am Ort auch aushalten muss, dass in diesen Fragen unterschiedliche Gedanken existieren, ohne in Streit zu geraten. Auch in dieser Hinsicht müssen wir manchmal vielleicht neu lernen, das Gewissen des jeweils anderen als vor dem Herrn stehend zu respektieren und nicht verlangen, dass er nach meinen Vorstellungen und Überzeugungen handeln muss, wenn sie durch Gottes Wort begründet werden.

Man muss sich auch überlegen, ob man deshalb, weil am eigenen Ort anders gehandelt wird, schon dann von Unfrieden und Unruhe sprechen darf, wenn die Gedanken einmal angesprochen oder eingebracht werden, die in Artikeln von anderen geäußert werden. Wichtig ist: „die Wahrheit festhaltend in Liebe", wie der Apostel Paulus einmal schreibt (Eph 4,15). Das muss uns, was für einen Standpunkt wir einnehmen mögen, prägen. Frieden suchen gilt von jeder Seite aus. Aber nochmal: Es geht nicht nur um Frieden suchen. Gott fordert uns auf, dem Frieden nachzujagen.

Ich hoffe sehr, dass die Artikel dieser Seite nicht zum Anlass genommen werden, Unruhe an einzelnen Orten zu erzeugen. Dafür sind sie nicht geschrieben worden, das wäre auch ein fleischlicher Grundsatz. Natürlich ist es durchaus mein Wunsch, dass sie helfen, anhand von Gottes Wort die eigene Position zu überprüfen und gegebenenfalls auch einmal eine Überzeugung und deren praktische Verwirklichung bei anderen zuzulassen, die das eigene Gewissen nicht zulässt. Aber wenn sie zum Anlass würden, an einzelnen Orten Streit zu bewirken, sind die Artikel nicht in Ordnung oder die Art und Weise, wie sie benutzt (oder beantwortet) werden, oder beides ...

Friede und Heiligkeit

Zurück zu Hebräer 12: Der Friede wird dort verbunden mit der Heiligkeit, die besonders deutlich betont wird. Mit anderen Worten: Dieser Friede kann von uns nur auf einem Weg verwirklicht werden, auf dem wir der Heiligkeit Gottes entsprechen. Bei dieser Heiligkeit oder Heiligung geht es nicht nur um den Wesenszug der Heiligkeit, sondern die Aktivität und das Ergebnis unseres Handelns sollen Heiligung sein. Das heißt, dass wir diesen Frieden nur auf einem Weg erreichen können, der in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes in allen denen ist, die Ihm angehören (Röm 2,7-11; 1. Kor 1,30; vgl. Tit 3,8; 1. Joh 2,3).

Der Schreiber fügt dann noch hinzu: „Und achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch beunruhige und viele durch sie verunreinigt werden" (V. 15). Das zeigt, wie wichtig es ist, in guter Weise füreinander Sorge zu tragen, im Bewusstsein der Gnade Gottes zu leben und nicht durch Unreinheit und andere bösen Dinge geprägt zu sein. Gerade das aufeinander Acht haben ist in der heutigen Zeit so bedeutsam. Es geht ja nicht darum, dass wir als Detektive tätig sind, sondern dass wir einander helfen, diese Gnade zu kennen und zu genießen, um dann für Gott unser Leben zu führen.

Frieden suchen

Auch der Apostel Petrus ermahnt die Gläubigen, den Frieden zu suchen. Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, „wende sich aber ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach; denn die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Flehen; das Angesicht des Herrn aber ist gegen die, die Böses tun" (1. Pet 3,11.12). Petrus zitiert hier David in Psalm 34. Es handelt sich somit nicht um typisch christliche Kennzeichen, sondern um solche, die Gläubige zu aller Zeit prägen sollen.

Auch hier finden wir wieder die Verbindung von Heiligung im Abstehen vom Bösen sowie dem Praktizieren des Guten zusammen mit dem Suchen des Friedens, den wir nicht nur suchen, sondern dem wir sogar nachjagen sollen.

Das unterstreicht, wie wichtig es Gott ist, dass wir Frieden suchen. Und dass es diesen Frieden im Miteinander nur geben kann auf der Grundlage des heiligen Wortes Gottes und der Gemeinschaft mit Gott, der Licht und Liebe ist. Wir dürfen nicht das eine tun (Heiligung) auf Kosten des anderen (Frieden nachjagen). Natürlich auch umgekehrt nicht. Beides stellt uns Gott an diesem beiden Stellen als miteinander verbunden vor.

Einheit des Geistes bewahren im Band des Friedens

Es gibt dann auch in Epheser 4 noch die wichtige Ermahnung, in einer geistlichen Gesinnung „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens" (Eph 4,3). Ohne an dieser Stelle auf die Einheit des Geistes weiter einzugehen, ist deutlich, dass der Geist immer Christus verherrlichen wird. Das ist es, was Er von Anfang an bewirken wollte. Er hat eine Einheit aus den Gläubigen geformt, in der Christus der Mittelpunkt und Zentralpunkt ist.

Wenn man diese Einheit, die Er geschaffen hat, bewahrt, wird das zur Folge haben, dass man die praktische Einheit der Gläubigen (am Ort und darüber hinaus) genießt und bewahrt in Frieden. Das soll und muss immer unser Ziel und unsere Verantwortung sein. Das ist zum Segen.

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