Ein Wort über unsere Beziehung zu Flüchtlingen

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Die da ...

Knoblauchgeruch liegt in der Luft. Wenn ich mich mit ihnen unterhalte, möchte ich am liebsten einen Schritt zurücktreten, um etwas mehr frische Luft zu haben. Die Unterhaltung funktioniert auf Distanz ja genauso gut, denn sie reden laut, so laut, dass man sich aus der Ferne fragt, um was für ein Streitgespräch es sich wohl handelt. Lautes Lachen klingt hämisch. Sie fassen mich beim Reden an. Ihre Gedanken werden mir mit ihrem Zeigefinger auf die Brust gehämmert. Tut nicht weh, nein, aber es würde auch reichen, wenn sie sie nur aussprechen würden, denn – wie gesagt – sie reden laut genug für meine Ohren.

Offene Türen sind die Einladung zum Eintreten – ohne Fragen, ohne Anmeldung. Zum Türenschließen braucht man keinen Knauf, die fällt ja auch so ins Schloss.

In den Gemeindeversammlungen laufen die Kinder herum oder unterhalten sich mit ihren Eltern, während der Stunde! Die Erwachsenen unterhalten sich während der Predigt auch untereinander über Sachen, die in der Predigt gerade dran sind. Vielleicht auch über anderes. Sie erklären sich was, was man sich auch nach der Stunde erklären könnte.

Ach ja, und die Uhrzeit ist immer nur ein Indikator für den ungefähren Stand der Sonne; die Uhr hat aber keine Autorität über sie, wenn es um minutengenaues Einhalten von Terminen geht. Soll ich da als Deutscher tolerant sein?

Wir!

Liegen sie uns nicht auch fürchterlich auf der Tasche? Die Wohnung wird bezahlt, der Unterhalt zusätzlich großzügig bemessen. Kindergarten, Schule, öffentliche Verkehrsmittel sind kostenfrei. Und wir müssen das alles bezahlen. WIR! Wir, die wir (oder du etwa auch nicht?) jeden Morgen pünktlich aufstehen und unserer Arbeit nachgehen; wir, die es sich im Job nicht erlauben können, streng nach Knoblauch zu riechen; wir, die wir Sinnvolles tun und unseren Lebensunterhalt mit eigener Hände Arbeit bestreiten. Und dann kommen DIE! und wollen auch unsere Arbeit und unseren Luxus und sind undankbar, wenn wir ihnen unsere (ausrangierten) Klamotten und das (alte, rostige) Fahrrad schenken, das ja noch so gut in Schuss ist, jedenfalls für andere ...

Das ist keine Zusammenfassung diverser Kommentare, die man landauf landab hört oder im Netz liest, sondern es sind handfeste Gedanken, die wir als „deutsche gläubige Christen“ haben und auch vermehrt aussprechen.

Unser Land

Ja, Deutschland hat ein großes Problem mit Flüchtlingen zu bewältigen. Die Obrigkeit hat ein vielleicht noch größeres Problem mit den Flüchtlingen zu bewältigen, die sich kriminell verhalten – wie so mancher Deutscher ja auch. Aber sind WIR die Obrigkeit? Nein! Wir sollten für sie beten, dass sie dies in den Griff bekommt.

Unsere Aufgabe ist es, als Christen in diesem Land zu leben, und der Herr wird jeden mit Sicherheit besonders segnen, der handelt, wie Er es tun würde: den Fremden lieben und ihm Brot und Kleider geben (s.o.). Oder glauben wir allen Ernstes, dass es im Himmel nur Deutsche geben wird? So geschichtsvergessen sollten wir nicht sein.

Wir? Christen?

Wenn wir als gläubige Christen es nicht schaffen, solche Christen (und die, die es noch werden sollen!) in unseren Reihen aufzunehmen und zu integrieren, die anders riechen, essen und leben und noch dazu in großer Not waren und sind, dann weiß ich nicht, wer es sonst schaffen soll.

Vielleicht hilft der Gedanke, dass unser Herr auch in der Gegend lebte, woher heute viele Flüchtlinge kommen. Diesem Herrn haben wir in Deutschland alles zu verdanken, was Er uns in seiner Güte geschenkt hat. So müssen wir denken.

Wollen wir überhaupt?

Zum Schluss noch eine Testfrage: Wenn sich einer der Flüchtlinge exakt so verhalten würde, wie wir uns das als Durchschnitts-Deutsche vorstellen (spricht ganz gut Deutsch, arbeitet für seinen Unterhalt, hat eine „gebotene Zurückhaltung“ entwickelt, so wie wir die gern sähen ...), wäre dann alles gut? Oder spielt die dunklere Hautfarbe dann vielleicht doch noch eine Rolle?

Flüchtlinge in unserem Land sind ein Geschenk des Himmels, damit wir feststellen können, wie wir (deutsche Christen) innerlich wirklich verankert sind, und um unsere Hilfsbereitschaft und Integrationsfähigkeit unter Beweis zu stellen!

„Belügt einander nicht, da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat; wo nicht ist Grieche und Jude, Beschneidung und Vorhaut, Barbar, Skythe, Sklave, Freier, sondern Christus alles und in allen. Zieht nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut, Langmut, einander ertragend“ (Kol 3,9 ff.).

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