Frage:
Einige Geschwister eines örtlichen Zusammenkommens haben sich an einem Werktag versammelt, um in einem privaten Haus Brot zu brechen. Auf Wunsch eines Kranken (möglicherweise auf dem Sterbebett liegend) und eines anderen (der zuvor den Wunsch geäußert hatte, am Brotbrechen teilzunehmen, der aber die Zusammenkünfte zum Brotbrechen am Tag des Herrn nicht besuchen kann) ist es erlaubt worden, so das Brot zu brechen. Beide Geschwister sind bislang noch nicht öffentlich am Tisch des Herrn aufgenommen worden. Auch kannte das örtliche Zusammenkommen bislang noch nichts vom Wunsch, auf diese Weise das Brot zu brechen.
- Bringt diese Art der Teilnahme nicht diese zwei Personen „in Gemeinschaft"?
- Ist das nicht eine unstatthafte Art der Aufnahme in die Gemeinschaft?
- Wenn der Tisch des Herrn der Ausdruck von Einheit ist, sollten dann nicht dazwischen liegende Zusammenkommen zum Brechen des Brotes auf diejenigen beschränkt bleiben, die „in Gemeinschaft" sind?
Antwort:
Zweifellos ist das Brotbrechen das Zeichen christlicher Gemeinschaft, der Gemeinschaft des Leibes und des Blutes Christi (1. Kor 10,16). Und es ist gut, als eine normale Regel daran festzuhalten, die Versammlung zu informieren über eine solche Handlung wie das Brotbrechen mit einem kranken Gläubigen oder mit einer Person, die sonst nicht in der Lage ist, am Brotbrechen teilzunehmen. Dabei geht es um Personen, die mit ausreichendem Zeugnis als Glieder des Leibes Christi anerkannt werden können und gegen deren Teilnahme keine berechtigten Einwände vorliegen. Wenn eine derartige Handlung ohne solche Sorgfalt geschehen würde, würde sie zu einem Vorwand für parteisüchtige Personen werden und direkt gegen die von Gott gegebene Gemeinschaft verstoßen.
Apostelgeschichte 2,46 macht deutlich, dass prinzipiell kein Hinderungsgrund vonseiten der Schrift gegen eine solche Handlung vorliegt. Die Erlösten waren es zu Beginn gewohnt, täglich das Brot zu brechen, und zwar zu Hause. Die Tatsache, dass man an einem Wochentag und nicht am ersten Tag der Woche sowie in einem privaten Haus zum Brotbrechen zusammenkommt, ist somit kein ausreichender Einwand gegen ein solches Vorhaben. Allerdings bleibt der ständige Anspruch der Gnade für alle Erlösten bestehen, das Brot gerade am Tag des Herrn zu brechen. Schriftstellen wie Apostelgeschichte 20,7 und 1. Korinther 11 und 16 zeigen das deutlich.Wir müssen jedoch den derzeitigen Ruin der Versammlung (Gemeinde, Kirche) in Betracht ziehen. Während wir die Ordnung der Schrift sorgfältig beachten wollen und eifrig in der geistlichen Erbauung sein sollten, dürfen wir nicht die vielen Glieder Christi außerhalb unserer Zusammenkommen vergessen. Wir sollten ihnen gegenüber in gnädiger Weisheit handeln. In diesem Sinn ist ja auch hinlänglich bekannt und akzeptiert, dass wir am Ende mancher Konferenzen innerhalb der Woche Brot brechen - in Städten, in denen sich Gläubige versammeln zum Namen Christi hin, oder auch nicht. Und dort nehmen wir Personen zum Brotbrechen auf, die als Erlöste bekannt sind, auch wenn zuvor keine Information darüber an ein örtliches Zusammenkommen gegeben worden ist. Wir sollten die Wahrheit des „einen Leibes und des einen Geistes" sowohl in Gnade als auch konsequent anwenden. Ein einfältiges Auge, verbunden mit einem Herz voller Liebe in der Unterordnung unter den Herrn führt dazu, dass Er uns in diesen Fragen recht führen wird.
aus: Bible Treasury 14, Seite 272, Mai 1883
Anmerkung der Redaktion:
Diese bemerkenswerte Fragenbeantwortung von Bruder William Kelly zeigt die Weite seines Herzens und seine Gnade im Blick auf solche Einzelfälle. Gleichwohl bleibt die Frage offen, wie auf die von ihm beschriebene Weise die Einheit des Leibes und ihre praktische Darstellung verwirklicht werden kann. Mit welcher Autorität handelt die örtliche Versammlung eigentlich in einem solchen Fall? Nach Matthäus 18 hat sie Autorität am Ort: Kann ein solches Zusammenkommen (und mit welcher Wirkung) aufnehmen und ausschließen? Diese Anmerkung mag eine bewahrende Hilfe sein, aus dieser Antwort Kellys keine falschen Anwendungen in alle möglichen Richtungen vorzunehmen.
Quelle: bibelpraxis.de/a1765.html