Das Neue Testament sagt uns, dass Christus „Gottes Kraft und Weisheit" ist (1. Kor. 1,24). Wäre es überhaupt möglich, dass ein Kapitel (Sprüche 8), das sich so ausführlich mit dem Gegenstand der Weisheit beschäftigt, in gar keiner Verbindung zu Christus zu sehen ist?
Ein Einwand gegen diese Sichtweise ist, dass von der Weisheit in den Versen 1-2 in weiblicher Form gesprochen wird („sie"), so dass sich die Weisheit nicht auf Christus persönlich beziehen könne. Es gibt eine schöne Antwort auf dieses Argument. In den Versen 1-11 wird die weibliche Form benutzt, um den Gegenstand der Weisheit in subjektiver Weise zu behandeln: Das bedeutet, dass sie sich auf die persönliche Antwort bezieht, die wir Gott geben. Das ist die Wahrheit von „Christus in euch" (Kolosser 1,27).
Von Vers 12 an bis zum Ende des Kapitels wird jedoch diese weibliche Form des Fürwortes nicht mehr benutzt. Tatsächlich berichtet der Schreiber über die Taten und Worte der „Frau" Weisheit in den ersten 11 Versen, während es ab Vers 12 nicht mehr einfach ein Bericht ist, sondern eine Person, die sich selbst „ich, Weisheit" nennt. Das ist nicht einfach subjektiv - persönliche Anwendung, sondern objektiv - tatsächliche Beschreibung. So liegt die Betonung nicht darauf, wie die Menschen betroffen sind, sondern auf der Wahrheit, die absolut wahr ist, unabhängig davon, wie andere von ihr betroffen sind oder auf sie reagieren. Die ganze Rede soll uns kein Beispiel vorstellen, dem wir folgen sollten, sondern zeigt uns herrliche Tatsachen, die uns dahin bringen, unsere Herzen in Anbetung niederzubeugen vor Demjenigen, der Weisheit ist.
Nach dieser großartigen objektiven Vorstellung der Weisheit kehrt Kapitel 9 wieder zu dem subjektiven „sie" und „ihr" zurück, denn es ist zweifellos sehr passend, dass sich nach dem Darstellen der objektiven Wahrheit eine persönliche Antwort in unseren Herzen offenbart. Es ist die schöne Antwort des Niederbeugens vor dem Herrn Jesus und Seiner reinen Weisheit.
Ein anderer Einwand, diese Verse auf den Herrn Jesus anzuwenden, ist, dass in den Versen 24 und 25 davon die Rede ist, dass die Weisheit „geboren" wurde. So könnte man annehmen, die Weisheit habe nicht immer bestanden, während doch Christus immer existiert hat. Diese Sichtweise lässt aber die Verse 22 und 23 außer acht, in welchen die Weisheit erklärt: „Der HERR besaß mich im Anfang seines Weges, vor seinen Werken von jeher. Ich war eingesetzt von Ewigkeit her, von Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde." Wir können daher das „geboren sein" nicht auf einen Zeitpunkt beziehen, an dem sich dieses ereignete. Genauso, wie Er „von Ewigkeit her eingesetzt war", so war er geboren von Ewigkeit her. Entsprechend wird der Herr Jesus der „eingeborene Sohn Gottes" genannt (Joh. 3,18). Manche haben gewagt darauf zu bestehen, dies bedeute, dass Christus zu einem Zeitpunkt geboren worden sei. Dies ist aber nicht so. Dieser Ausdruck bezieht sich vielmehr darauf, dass Er von Ewigkeit her der Eingeborene Gottes war. Menschliche Gedanken können diese Frage nicht lösen, nur das Wort Gottes.
Wenn wir zudem diese Schriftstelle allein auf das Prinzip der Weisheit anwenden, nicht aber auf den Herrn Jesus, wollen wir dann sagen, dass Gott Weisheit zu einem bestimmten Zeitpunkt erworben habe? Sicherlich wird jeder Gläubige einen solchen Gedanken als vollständigen Unsinn verwerfen. Genauso, wie Gottes Weisheit ewig ist und eine seiner ewigen Merkmale ist, so ist in der Tat auch Sein geliebter Sohn ewig, der Eine, der die Weisheit in Person ist.
Diese Verse (12-26) sind unaussprechlich schön, indem sie etwas von der Beziehung und Gemeinschaft von Personen beschreiben und nicht nur Gottes Freude über ein Prinzip oder die Freude eines Prinzips, das sich in Gott erfreut. Tatsächlich wird von der Wonne auf Seiten der Weisheit gesprochen (Vers 30), genauso wie der Herr Jesus, der Sohn des Vaters, sich der Gemeinschaft des Vaters erfreut, einer Gemeinschaft und Beziehung, die ewig ist.
Quelle: bibelpraxis.de/a162.html