Mt Matthäusevangelium (37)

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Jeremias Wehklage – eine Prophezeiung wird angewendet

In den Versen 17 und 18 finden wir dann, dass diese Morde durch Herodes und die damit einhergehenden Klagen im Alten Testament prophetisch verankert sind. Allerdings handelt es sich hier um eine Erfüllung in allgemeinerem, das heißt weitläufigeren Sinn. Die eigentliche Erfüllung wird erst in der Zukunft erfolgen, in der großen Drangsalszeit.

In Jeremia 31,15 heißt es: „So spricht der HERR: Eine Stimme wird in Rama gehört, Wehklage, bitteres Weinen. Rahel beweint ihre Kinder; sie will sich nicht trösten lassen über ihre Kinder, weil sie nicht mehr sind.“ Dann sagt der HERR ihr, dass sie nicht mehr weinen soll, da es Lohn gebe für ihre Arbeit, also Hoffnung, und dass ihre Kinder aus dem Land des Feindes zurückkehren würden. Die in Gefangenschaft geführten Kinder – also sowohl Benjamin (mit Juda) als auch Joseph mit dem Zehnstämmereich (das sind die beiden Söhne Rahels und ihre Stämme) würden wieder zusammengebracht und „in ihr Gebiet zurückkehren“.

Das war ihre Hoffnung – daher sollte sie nicht mehr weinen. Aber bis es soweit sein wird, wird die Wehklage Rahels gehört werden, und zwar besonders angesichts der schrecklichen Drangsale, die über das Volk kommen werden in der sogenannten großen Drangsal, nachdem die Versammlung (Gemeinde, Kirche) entrückt sein wird. Außerdem wird die Wehklage gehört werden, wenn Gott schlimme Gerichte über diese Erde bringen wird, damit diese vorbereitet wird auf das Kommen des Messias in Macht und Herrlichkeit (vgl. das Buch der Offenbarung).

Rama und Rahel

Dieser Vers scheint darüber hinaus aber auch Bezug auf die Geburt zu nehmen, bei der Rahel starb (1. Mo 35,16–20). Sie nannte Benjamin Benoni, Sohn meiner Not, meiner Schmerzen. Denn ihr Begräbnisort war der Landstrich Rama. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang wohl auch, dass ein großer Bruderkampf zwischen Benjamin (und Juda) sowie Joseph mit den anderen Stämmen in Rama stattfand (1. Kön 15,17). Das alles würde zur Wehklage Rahels führen.

Diese Prophetie wird nun auf die Situation in Matthäus 2 angewendet. Die Tatsache, dass dort viele Kinder umgebracht wurden, ist grausam. Sie stellt eine Vorerfüllung dessen dar, was einmal während der Drangsalszeit passieren wird – das muss furchtbar sein. Denn das Weinen in Matthäus 2, so schlimm es gewesen sein muss, ist vergleichsweise „schwach“, wenn man an diese Zukunft denkt. In Bethlehem und in seinem ganzen Gebiet waren durch die Morde des Herodes mehr als nur eine Stimme zu hören, die den grausamen Mord an ihren Kindern beweinten. Wir können gut verstehen, dass man sich da nicht mehr trösten lassen wollte.

Verse 19–21: Gott bereitet den Weg zur Rückkehr des Messias

„Als aber Herodes gestorben war, siehe, da erscheint ein Engel des Herrn dem Joseph in Ägypten im Traum und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter zu dir und zieh in das Land Israel; denn die dem Kind nach dem Leben trachteten, sind gestorben. Er aber stand auf, nahm das Kind und seine Mutter zu sich und zog in das Land Israel“ (Verse 19–21).

Gott lässt sich nicht spotten. Derjenige, der seinen Sohn aus Israel vertrieben und einen Völkermord begangen hat, kommt nicht lange danach zu Tode. Nicht, dass Gott ein Wunder für seinen Sohn bewirkt hätte, um Ihn vor der Flucht zu bewahren. Aber als Konsequenz für seine Taten kommt der Spötter Herodes um. Wir wissen, dass Herodes an einer sehr schmerzhaften Krankheit litt und dann auch daran umkam.

Das war im Jahr 4 vor Christus. Vielleicht ist mancher darüber erstaunt, weil wir unsere Zeitrechnung ja an der Geburt Christi ausrichten. Aber das hängt mit dem Entstehungsvorgang des römischen bzw. Julianischen Kalenders zusammen, was an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden soll. Jedenfalls hat dies dazu geführt, dass das Geburtsjahr von Jesus Christus vermutlich im Jahr 5/6 vor Christus liegt (+/-).

Nachdem Herodes gestorben war, erschien Joseph zum dritten Mal ein Engel – wieder im Traum in der Nacht. Wenn nun Joseph auch wieder im Vordergrund steht, so wird doch durch die Tatsache, dass die Begegnung in der Nacht durch einen Traum stattfand, noch einmal die Distanz betont, die wir durch die Haltung des Volkes Israel und seiner Führer – die wir in unserem Kapitel gesehen haben – sehr gut nachvollziehen können. Joseph konnte persönlich für diese Haltung nichts. Aber da er zu diesem Volk gehörte, trafen die Folgen dieser Gesinnung des Volkes auch ihn.

Gott hatte Joseph von Anfang an gesagt, dass er nicht dauerhaft in Ägypten wohnen bleiben sollte, sondern, „bis ich es dir sage“ (Vers 13). Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo die sicherlich beschwerliche Rückreise anzutreten war. Denn die Verfolger waren gestorben, so dass das Leben des Knaben bis auf weiteres nicht mehr bedroht war. Wie lange die Familie in Ägypten geblieben ist, wissen wir nicht.

Bemerken wir noch, dass es hier nicht heißt: „Nimm Deine Frau und das Kind“, sondern: „Nimm das Kind und seine Mutter…“. Nicht Maria als seine Mutter stand im Vordergrund, sondern das Kind Jesus. Es ist schön zu sehen, wie Gott sogar bei solch einfachen Aufforderungen und obwohl – menschlich gesprochen – der Herr Jesus noch ein kleines Kind war, darüber wacht, dass sein geliebter Sohn der Mittelpunkt der Ereignisse ist; Er hat ihn zuallererst vor Augen. Geht es auch uns immer zuerst um Ihn?

Das Land Israel

Wohin sollte die Reise gehen? „In das Land Israel“ – so heißt es zweimal. Man liest leicht über diesen Ausdruck hinweg, dabei hat er eine große Bedeutung. Der Herr sollte nicht einfach in eine Stadt des Landes ziehen wie Bethlehem. Nein, Er sollte in das Land Israel gehen. Israel war nicht einfach ein Land wie Ägypten oder China. Joseph sollte in das Land zurückkehren, auf dem die ganzen Verheißungen Gottes lagen.

Wir erinnern uns noch einmal an die Eingangsworte dieses Buches. Es geht um den, der nicht nur Sohn Davids war, sondern zugleich auch „Sohn Abrahams“. Für Abraham waren die Verheißungen mit dem Land Kanaan, mit dem Land Israel verbunden. In dieses Land göttlichen Segens, selbst wenn Gott ihn wegen der Sünde des Volkes nur hier und da geben konnte, sollte Joseph mit Maria und Jesus jetzt wieder ziehen. Denn Gott wollte, dass sein Sohn auf diesem Boden des dem Abraham verheißenen Landes sein Leben führte, wo Er später von dem Volk ans Kreuz gebracht würde.

Joseph ist gehorsam. Er tut genau das, was Gott ihm aufträgt und zieht in das Land Israel. Ob auch wir immer einen solchen Gehorsam an den Tag legen und unseren Herrn dadurch ehren, selbst wenn es beschwerlich ist und wir es uns eigentlich leichter machen könnten?

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