Wie politisch waren eigentlich Paulus und Petrus? 

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In seinem engagiert formulierten Artikel (http://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/ekd-ratsvorsitzender-wie-politisch-darf-die-kirche-sein-15015547.html) bezieht sich der EKD-Vorsitzende zunächst auf Martin Luther-King, auf einen von diesem formulierten fiktiven Brief des Apostels Paulus und auf Dietrich Bonhoeffer. Deren These sei: „Wer fromm ist, muss auch politisch sein." Als Zentrum des Alten und Neuen Testaments macht Bedford-Strohm dann das aus der Gottesliebe resultierende Gebot der Nächstenliebe aus. Sodann argumentiert er gegen ein falsches Verständnis der Zwei-Reiche-Lehre Luthers.

Der Leser fragt sich allerdings: Was hat das alles mit heutiger politischer Aktivität der Kirche zu tun? Die Antwort ist so schlicht wie kurz: Nichts! Bevor man sich mit Bonhoeffer und Luther beschäftigt, wäre es wünschenswert, sich die Botschaften von Paulus, Petrus und Johannes in Gottes Wort anzusehen. Eines wird man bei ihnen vergeblich suchen: einen politischen Diskurs. Nicht, dass diese Apostel nicht von Regierungsverantwortung schreiben würden. Aber das, was sie dem Christen und der Kirche dazu sagen, ist gerade nicht die Aufforderung, in einen politischen Dialog zu treten, sondern sich den „obrigkeitlichen Gewalten" unterzuordnen (Römer 13,1-7). Ähnlich drückt Paulus sich in Titus 3,1 aus. Und Petrus bestätigt das ausdrücklich: „Unterweft euch jeder menschlichen Einrichtung um des Herrn Willen: es sei dem König als Oberherrn oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt werden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lob derer, die Gutes tun" (1. Petrus 2,13). Man darf nicht vergessen, dass zu Paulus' Zeiten ein Diktator namens Nero der Kaiser war. Aber das führt den Apostel nicht dazu, politische Reden zu führen oder solch eine politische Einmischung der Kirche aufzutragen. Und heute soll das alles nicht mehr gelten? Wissen wir es im Jahr 2017 besser als die Apostel? Hat sich Gott also geirrt, als Er uns in seinem Wort diese „unpolitische" Botschaft aufgab?

Wozu rufen Paulus und Petrus auf? Zur politischen Meinungsäußerung? Im Gegenteil! Sie ermahnen die Christen, sich den Regierungen unterzuordnen, selbst den despotischen. Da, wo diese zwischen das Gewissen des Gläubigen und Gott treten, heißt es: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen" (Apostelgeschichte 5,29). Ansonsten gilt auch heute für Christen die Ermahnung zur Unterordnung. Mir ist völlig klar, dass eine solche Haltung nicht dem Zeitgeist entspricht. Und da sich die Kirchen heute dieser Mode angeschlossen haben, ja teilweise selbst zur Regierungen geworden sind (Stichwort: Vatikan), unterwerfen sie sich dem Wort Gottes auch in diesem Punkt nicht. Aber sie mögen zur Kenntnis nehmen, dass es noch Menschen gibt, die dieses Wort Gottes ernst nehmen und sich nicht durch das Berufen auf Theologen und Politiker verführen und von der Bibel wegführen lassen.

Am Schluss seines Artikels ruft Bedford-Strohm in einigen Thesen dazu auf, die Kirche müsse sich mittels prophetischer Reden zu Wort melden. Wo gibt es dazu einen Hinweis in der Bibel? Ja, dort ist von Weissagung die Rede. Aber nicht die Kirche lehrt, sondern die Kirche wird (von Propheten und Lehrern) belehrt. Nicht die Kirche hält prophetische Reden, sondern einzelne Männer Gottes, die in ihrem Glaubensleben moralisch „vor Gott stehen" (1. Könige 17,1), führen einen prophetischen Dienst aus. Dieser beschränkt sich nicht auf besondere Situationen, wie Bedford-Strohm einschränken möchte, sondern ist Gottes Instrument zu jeder Zeit, der oft anzutreffenden Trägheit, Lauheit und Weltlichkeit der Christen zu begegnen. Damit rüttelt Gott sie durch seine Propheten auf.

Wozu? Um politische Meinungen kundzutun? Dazu finden wir im Neuen Testament kein einziges Beispiel. Nicht einmal gegen die Sklaverei ließ Gott die Apostel aufstehen, obwohl diese Unterdrückung nicht nach Gottes Gedanken war. Das, was Ihm wichtig ist, hat Er die Apostel sagen lassen: Paulus, Petrus und die anderen Schreiber ermahnen und motivieren uns, ein Leben für Jesus Christus und mit Jesus Christus zu führen. Wenn das in der Kirche heute mehr zu hören wäre, würde Kirche auch wieder anziehender für Menschen sein. Dann wären wohl mehr Christen Salz der Erde und Licht der Welt.

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