Schritte auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirche gehen

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Mit einem Buß- und Versöhnungsgottesdienst wollten die Evangelische Kirche Deutschlands und die römisch-katholische Kirche am 11. März in Hildesheim ein Zeichen für die Ökumene setzen. Dazu gab es ein gemeinsames Schuldbekenntnis und eine Vergebungsbitte und weitere Hinweise, die vom Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (München) und vom EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), vorgetragen wurden. Man wolle „Schritte auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirchen gehen“. Es sollen die Gemeinsamkeiten des Glaubens hervorgehoben und eine Kultur der Zusammenarbeit auf allen kirchlichen Ebenen gefördert werden. An dem Gottesdienst nahmen unter anderen der damalige Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) teil. Der Gottesdienst gilt als einer der Höhepunkte im 500. Jahr des Reformationsjubiläums.

Während des Gottesdienstes wurde eine im Mittelgang der Hildesheimer Michaeliskirche liegende symbolische Sperre zu einem Kreuz aufgerichtet. Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm bezeichnete den gemeinsamen Gottesdienst einen „Tag der Freude“. Man wolle künftig nicht mehr getrennt, sondern gemeinsam glauben. Am Gottesdienst beteiligt waren ebenso die evangelisch-methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner (Frankfurt/Main) und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron (Brühl). Beide vertraten die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK).

Bundespräsident Joachim Gauck sagte in einem Grußwort, die Kirchen hätten „eine schwere Geburt vollbracht“. Wer die Geschichte der getrennten Kirchen in den letzten 500 Jahren im Kopf habe, komme nicht umhin, „von einem Wunder“ zu sprechen, in dem man ein Zusammenspiel von menschlicher Anstrengung und gnädiger Hilfe entdecken könne. Er freue sich, zu erleben „wie Versöhnung, Verständigung und Frieden zwischen den Konfessionen wachsen“. Gauck fügte hinzu: „Eine Zukunft wird das Christentum in unserem Land am ehesten als ökumenisches haben – in welcher Gestalt und mit welchen Profilen auch immer es sich zeigen wird.“

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Das alles hört sich sehr fortschrittlich an. Ist es das auch? Das kommt sicher auf den Standpunkt an, den der Betrachter einnimmt. Tatsächlich ist dieser Akt enorm fortschrittlich. Er zeigt nämlich, wie Gottes Mühlen sind. Man sagt, sie mahlen langsam aber unaufhörlich. Was sagt denn Gottes Wort über den Endzustand der Kirche in Europa? Das liest man in Offenbarung 17 und 18. Dort finden wir, dass die Kirche, die sich Kirche Christi nennt, in Gottes Augen zu einer Prostituierten geworden ist. Sie hat nach Offenbarung 17,2 mit den Königen der Erde Hurerei getrieben. Sie ist mit äußerem Prunkt bekleidet (Purpur, Scharlach, Vers 4), also mit Anerkennung und großem Handel. Ist das für Rom nicht wahr? Diese Prostituierte ist trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu (Vers 6). Wie viele Zeugen und Diener Gottes hat diese Katholische Kirche nicht zum Beispiel in Zeiten des Mittelalters umbringen lassen.

Dann wird in den weiteren Versen beschrieben, wie diese Kirche gemeinsame Sache macht mit dem kommenden Römischen Kaiser – hier in dem Symbol des Tieres gesehen, dem wiedererstandenen Römischen Reich, von diesem aber zertrampelt werden wird (Off 17,16).

Nun stellt sich die Frage: Wo aber ist die protestantische Kirche geblieben? In den sieben prophetischen Briefen in Offenbarung 2 und 3 wird sie unter Sardes gesehen, die katholische unter Thyatira. Hier aber ist von der evangelischen Kirche keine Rede mehr. Warum nicht? Offenbar wird es zum Schluss nur noch eine Einheitskirche unter dem Dach der römisch-katholischen Kirche geben. Und heute erleben wir die Anfänge. Die Kirchen bewegen sich aufeinander zu und werden, früher oder später, unter dem Dach der einen „katholischen“ Kirche landen, von der sie einst davongelaufen sind. Der Hund kehrt zu seinem eigenen Gespei zurück.

Das Kennzeichen dieser Kirche ist aber nicht nur Gewalttat und Unmoral. Das größte Problem ist: Ihr fehlt Christus. Nur so können wir verstehen, dass der Herr selbst diese Kirche, die am Ende nur noch eine leere Hülle ohne wahren Inhalt sein wird, aus seinem Mund ausspucken wird (Off 3,16). Päpste wird es auch dann noch geben – aber keine Gläubigen mehr in ihr. Heute speit Er sie noch nicht aus, denn noch immer gibt es unter diesem antichristlichen Dach gläubige Menschen, die wirklich an den Herrn Jesus glauben. Das wird sich mit der Entrückung ändern. Dann wird die Kirche noch hier sein – aber sie hat nichts mehr mit Christus zu tun.

Daher ist der Ausdruck des Wunders, das der ehemalige Bundespräsident bemüht, fast ironischer Natur. Es ist ein Wunder – Gottes Prophetie erfüllt sich. Aber es ist kein „gutes“ Wunder, sondern eines, das den absoluten Verfall dieser Kirche(n) zeigt. Das Christentum wird dadurch nicht gestärkt, sondern geschwächt. Die Wahrheit verliert zunehmend an Bedeutung – nur die Kirche und ihre Dogmen werden überleben. Das ist nicht wahres, sondern leeres Christentum. Hoffentlich ist in unserem Glaubensleben mehr zu sehen und mehr von der göttlichen Kraft zu spüren, die Er Gläubigen schenkt. Das ist keine äußere Kraft, aber eine geistliche, moralische Autorität. Sie ist anziehend, weil sie zu Christus zieht.

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