Selbstlosigkeit statt Egoismus – vom Herrn Jesus lernen (FMN)

Lesezeit: 4 Min.
© Johannes der Täufer

Egoismus (von griechisch/lateinisch ego ‚ich‘) bedeutet „Eigennützigkeit". Das Duden-Fremdwörterbuch beschreibt Egoismus als „Ich-Bezogenheit", „Ich-Sucht", „Selbstsucht", „Eigenliebe"(vgl. Wikipedia).

Egoismus begleitet uns auf Schritt und Tritt. Kinder sollen sich frei entfalten (Ich-Bezogenheit), Jugendliche tun manchmal das, was ihnen gefällt - ohne Rücksicht auf Verluste (Ich-Bezogenheit). Junge Frauen verwirklichen sich selbst, indem sie ihrem Beruf nachgehen und die Erziehung ihrer Kinder anderen überlassen (Eigenliebe - ich gehe jetzt nicht auf Sonder- und Notfälle ein), Männer haben zuweilen nur ihre Karriere im Auge und kümmern sich nicht oder nur wenig um ihre Familien (Eigennützigkeit).

Egoismus also: Man denkt nicht mehr an andere.

Wenn wir jedoch den Spuren des Herrn Jesus in den Evangelien folgen, dann finden wir in jedem Evangelium viele Beispiele, dass Er ganz anders gehandelt hat. Jeweils ein sehr markantes Beispiel greife ich in diesem Artikel heraus.

Matthäusevangelium

Johannes der Täufer war Herodes, diesem unmoralischen Herrscher, zum Opfer gefallen und getötet worden. Das hatte den Herrn Jesus sehr getroffen, und Er wollte gerne allein sein mit seinem Schmerz. Manche Leser können vielleicht aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen, dass man nach einem tief empfundenen Verlust erst einmal diesen Schmerz allein mit Gott, dem Vater, verarbeiten möchte. Bei dem Herrn Jesus ging das natürlich noch weiter: Er wusste, dass die Hinrichtung von Johannes letztlich die eigene Verwerfung nur vorwegnahm.

Die Volksmengen gönnten dem Herrn Jesus diese Zeit allein mit seinem Vater nicht. Sie verfolgten Ihn, bis sie Ihn gefunden hatten. Und der Herr Jesus? Er lässt das zu und kümmert sich schon wieder um die Nöte der Menschen. „Und er wurde innerlich bewegt über sie und heilte ihre Schwachheiten" (Mt 14,14).

Der Herr Jesus hatte das Wohl der Menschen im Blick. Deshalb stellte Er seine eigenen Bedürfnisse hintenan.

Markusevangelium

Jesus war als der unermüdliche Diener von morgens bis abends unterwegs und beschäftigt. Zeit für Ruhe blieb da wenig. Aber doch wenigstens abends war mal Feierabend, oder? „Als es aber Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachten sie alle Leidenden und Besessenen zu Ihm. Und er heilte viele" (Mk 1,32.34).

Der Herr Jesus hätte eine Paus gebrauchen können, aber die Kranken waren Ihm wichtiger als seine eigenen körperlichen Befindlichkeiten. Bequemlichkeit kannte Er nicht. Auch ein langer Arbeitstag ließ Ihn nicht abhalten, der Not weiterer Menschen zu begegnen.

Lukasevangelium

Der Herr Jesus stand kurz davor, an das Kreuz zu gehen. Es würde nur noch ein paar Stunden dauern. Was mag im Herzen unseres Heilands vorgegangen sein? Denkt Er an das, was Ihm bevorstand? Bestimmt auch, aber nicht nur. Er denkt auch an seine Jünger. Und ganz speziell denkt Er an seinen Jünger Petrus. „Simon, Simon ... ich habe für dich gebetet" (Lk 22,31). Und ein paar Stunden später bei seinem Verhör vor den Hohenpriestern: „Der Herr wandte sich um und blickte Petrus an" (Lk 22,61).

Das, was Petrus dem Herrn Jesus antun würde, hat den Herrn Jesus tief getroffen. Zu seinen unbeschreiblichen Leiden vor dem Kreuz kam auch noch der Schmerz hinzu, dass sein Jünger Ihn verleugnen würde. Und trotzdem hat Er ihn nicht seinem Schicksal überlassen. Er hat für ihn gebetet und ihn dann mit einem Blick voller Liebe - aber bestimmt auch voller Schmerz - angesehen. Dieser Blick traf Petrus mitten ins Herz und bewirkte seine Umkehr.

Johannesevangelium

Wenn wir etwas über die Zeit sagen, als der Herr Jesus am Kreuz hing, dann ist Zurückhaltung angebracht. Allein die Tatsache, dass der Herr Jesus für fremde Schuld - für unsere Schuld - am Kreuz hing, ist schon das absolute Gegenteil von Egoismus. Darüber hinaus finden wir in dieser Zeit noch weitere Herrlichkeiten. Denn der Herr Jesus hat sich auch dort um einzelne Personen gekümmert. Er hat an seine Mutter gedacht, die nach seinem Tod ohne den ältesten Sohn sein würde. Wahrscheinlich war sie bereits Witwe, und der älteste Sohn nahm die Stelle des Ernährers ein.

Der Herr Jesus sorgt trotz schlimmster Schmerzen sowie Durst, und obwohl die drei Stunden der Finsternis sowie sein Tod unmittelbar bevorstanden für seine Mutter und bittet seinen Jünger Johannes, für sie zu sorgen. „Bei dem Kreuz Jesu standen aber seine Mutter ... Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter!" (Joh 19,25-27).

Der Herr Jesus hätte nur mit sich und dem, was Ihm kurz bevorstand, beschäftigt sein können. Aber Ihm lagen die, die Er zurücklassen musste - besonders seine Mutter - sehr am Herzen.

Wir wollen vom Herrn Jesus lernen und unsere eigenen Bedürfnisse und Befindlichkeiten zurückstellen, wenn es zum Wohl unser Mitgeschwister oder Mitmenschen ist.

Folge mir nach - Heft 3/2015

© Johannes der Täufer
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