Wein wurde zur Zeit Jesu aus Transport- und vielleicht Lagerzwecken in Schläuche aus gegerbten Tierhäuten gegossen. Nach einer gewissen Zeit wurden diese Häute brüchig. Wenn nun neuer Wein hineingeschüttet wurde, der noch nicht abschließend gegoren war und daher Gase entwickelte, wurden die Schläuche unter Druck gesetzt – und die brüchigen Schläuche rissen auf und zerplatzten.
Neuer Wein gehört nicht in alte Schläuche, weil damit beides zerstört wird. Das Neue – die Kraft der Gnade – gehört zu einem ganz neuen System, dem Evangelium der Herrlichkeit Gottes. Jede Vermischung mit dem Gesetz, mit alttestamentlichen oder selbstauferlegten Geboten zerstört alles. Es geht also nicht nur um Unterschiede in der äußeren Gestalt von Gnade und Gesetz, von dem Neuen im Vergleich zum Alten. Die innere Kraft des Neuen, das lebendige Prinzip, das Christus jetzt verbreitete, konnte in den alten Formen nicht bewahrt werden.
Der neue Wein ist vielleicht ein Bild von der Freude (Ri 9,13) und Kraft (Spr 31,16.17) wahren Christentums. Wenn sich dieses entwickelt (gärt), dann muss notwendigerweise die Enge des gesetzlichen Judentums platzen. Das ist eine sehr aktuelle Botschaft, weil man immer wieder heute hört, dass die Lebensregel des Christen die 10 Gebote seien, oder auch die Bergpredigt. Was für ein Irrtum! Vielleicht gibt es keinen Bereich als die Christenheit, wo das Alte mit dem Neuen auf so schändliche Weise miteinander verbunden worden ist. Ein wahrer Christ ist dem Gesetz gestorben (vgl. Gal 2,19).
Quelle: bibelpraxis.de/a2304.html