Darwins Rätsel: Schöpfung ohne Schöpfer? (Buchbesprechung)

Lesezeit: 4 Min.
Darwins Rätsel: Schöpfung ohne Schöpfer?

von Reinhard Junker und Henrik Ullrich

Darwin war im Bereich der Biologie vielleicht der einflussreichste Wissenschaftler der letzten zwei Jahrhunderte. Obwohl es auch vor ihm schon Versuche gab, das Universum und den Menschen als Ergebnis eines evolutionären Prozesses darzustellen, war es doch ihm vorbehalten, diese Theorie zur Leitidee der gesamten Biologie zu machen.

Im Jahr 2009 jährte sich die Herausgabe seines Buches zum 150. Mal. Zugleich war es das Jahr seines 200. Geburtstages. Aus diesem Anlass haben Reinhard Junker und Henrik Ullrich ein Buch verfasst, das sich in kurzer und auch für den Laien verständlicher Weise mit den Vorstellungen Darwins und den Weiterentwicklungen seiner Ideen auseinandersetzt. In elf Kapiteln behandeln die beiden Autoren unter anderem

· die Frage der natürlichen Auslese1,

· die Bedeutung nicht reproduzierbarer Komplexität2,

· das große Geheimnis des Anfangs, das „abscheuliche Geheimnis“ – so die Worte Darwins selbst zu diesem für ihn ernüchternden Umstand –, nämlich die Tatsache, dass sich Abstammungslinien eher wie das Nebeneinander von Zweigen eines Strauchs darstellen als aufeinander zu folgen, wie es Evolutionisten bräuchten.

Die Autoren gehen auch auf die Tatsache ein, dass sich die Baupläne der Tiere und Pflanzen tiefgreifend ähnlich sind. Auch als Nicht-Biologe erkennt man leicht, dass es eine abgestufte Ähnlichkeit gibt. Menschen und Affen sind sich ähnlicher als Menschen und Hunde. Menschen und Hunde wiederum sind sich ähnlicher als Menschen und Eidechsen, Fische, Würmer oder Bakterien. Sind diese Ähnlichkeiten ein Hinweis auf gemeinsame Abstammung, oder sollten sie auf einen gemeinsamen Schöpfer hinweisen? Wie ist das mit solchen „abgestuften Ähnlichkeiten“? Diesen Fragen gehen die Autoren in einem Kapitel nach, dass sie mit „Darwins Rätsel“ überschrieben haben.

Ein wichtiges Thema, das im Zusammenhang des Themenspektrums Evolution-Schöpfung immer wieder gestellt wird, ist die Frage: Erschafft Gott Unvollkommenes? Was ist mit Organen, die (scheinbar) unnütz sind? Was hat es beispielsweise mit dem „seltsamen Daumen des Pandabären“ auf sich? Was ist mit dem Wurmfortsatz am Blinddarm des Menschen? Auch dieser Herausforderung stellen sich Junker und Ullrich.

In einem weiteren Kapitel kommentieren die Autoren Darwins Auffassung, Emotionen wie Rache und Zorn wären deshalb Teil des menschlichen Verhaltens, weil diese den „äffischen Vorfahren“ des Menschen genutzt hätten, um überleben zu können. Gut und böse seien weniger moralische Grundprinzipien, bei denen man entweder das eine oder das andere tut, als vielmehr „äffische Attribute“, so Darwin: „Der Teufel in Gestalt des Pavians ist unser Großvater!“ Dass solche Überzeugungen nicht haltbar sind, zeigen Junker und Ullrich in diesem Teil des Buches.

Im letzten Kapitel zeichnen die Autoren den Weg Darwins zum Agnostiker3 nach. Was manchen vielleicht erstaunen wird, ist die Tatsache, dass seine Frau Emma einen lebendigen, persönlichen Glauben an Jesus Christus besaß. Während sein Vater und Großvater Freidenker waren, waren seine Mutter, die allerdings früh starb, und seine Schwestern und Cousinen Christen. Junker und Ullrich weisen noch einmal darauf hin, dass es keinen Beleg für das Gerücht gibt, Darwin habe sich auf seinem Sterbebett bekehrt. Der Tod seiner Lieblingstochter Annie, die im Alter von zehn Jahren starb, erschütterte Charles Darwin sehr, so dass er nicht einmal in der Lage war, am Begräbnis seiner Tochter teilzunehmen. Er hat wohl später gesagt, dass diese Periode die Totenglocke für sein Christentum geläutet habe.

Noch ein Wort zu den Autoren, die dieses Thema sachkundig und in verständlicher Form auch für Nicht-Wissenschaftler aufbereitet haben. Reinhard Junker hat unter anderem Mathematik und Biologie studiert und ist seit 1985 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ tätig. Er verantwortet maßgeblich die sehr empfehlenswerte Internetseite www.genesisnet.info. Henrik Ullrich ist als leitender Oberarzt an einem Klinikum tätig sowie seit 2006 der 1. Vorsitzende der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ ist. Beide zeigen in ihrem Buch auch das interessante Phänomen auf, dass viele Evolutionswissenschaftler zwar das Schöpfungsmodell der Bibel ablehnen, andererseits aber Begriffe benutzen, die geradezu auf einen Schöpfer hinweisen: Kooption, Rekrutierung, Neuprogrammierung, Neuverdrahtung,4 usw. Ich halte dieses Buch für jeden interessierten Christen und Nichtchristen für empfehlenswert. Das gilt ganz besonders für Schüler, die mit diesem Thema zu tun haben. Da Junker und Ullrich sehr nüchtern und wenig provokativ argumentieren, kann man ihren Überlegungen gut folgen und sie auch gut nach außen vertreten.

Das Buch ist bei SCM Hänssler, Holzgerlingen, erschienen (2009), und umfasst gut lesbare 64 Seiten, kostet 3,50 Euro und ist beim Herausgeber von „Folge mir nach“ zu beziehen (siehe Impressum).

(aus: Folge mir nach - Heft 5/2012)

Fußnoten

  • 1 Natürliche Auslese bzw. Selektion ist ein grundlegender Begriff der Evolutionstheorie. Natürliche Selektion ist die Reduzierung des Fortpflanzungserfolgs bestimmter Individuen einer Population (Fortpflanzungsgemeinschaft). Ergebnis dieses Vorgangs ist nach Ansicht der Evolutionsbefürworter, dass sich überlebenstüchtigere Lebewesen stärker vermehren können als schwächere. Man spricht auch vom „Überleben der Stärkeren“.
  • 2 Hierbei geht es darum, dass bestimmte Organe eine bestimmte Komplexität aufweisen, die man nicht verringern kann, ohne dass die Organe nicht mehr überlebensfähig wären.
  • 3 Agnostiker sind Menschen, die eine rationale Erkenntnis einer übersinnlichen Welt ablehnen. Damit glauben sie nicht an (einen) Gott. Während der Atheist meint zu wissen, dass es keinen Gott gibt, glaubt der Agnostiker, dass man über Gott nichts weiß, dass man keine positive oder negative Aussage machen kann, ob es Gott gibt.
  • 4 Unter Kooption oder Rekrutierung versteht man, dass bestimmte Gene in verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden. In der Evolutionstheorie sagt man, dass Gene neu und sogar mehrfach „zweckentfremdet“ werden. Neuprogrammierung bedeutet, dass Gene neue Informationen erhalten. Neuverdrahtung zielt auf neue Beziehungen zwischen einzelnen Genen und Prozessen.
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