Marion von Klot – treu bis in den Tod

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Mit diesen Worten voller Vertrauen auf Gottes Führung beginnt ein Gedicht von Hedwig von Redern aus dem Jahr 1901. Als Lied ist es ganz besonders mit der Stadt Riga und dem Namen Marion von Klot verbunden.

Die Wirren des Ersten Weltkriegs trafen das Baltikum und die Stadt Riga besonders schwer. In dieser Zeit wurde Prediger Doebler von der Jakobi-Gemeinde in Riga von diesem Gedicht sehr berührt. Auf seinen Wunsch hin wurde der Text vertont und am Neujahrstag 1916 mit einer alten englischen Melodie vorgetragen.

Wenig später, im Februar 1916, erhielt Doebler den Ausweisungsbefehl der russischen Besatzungsmacht. Zu seinem Abschied sang der Chor erneut das Lied "Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl".

Unter den jungen Sängerinnen im Chor war auch Marion von Klot (geb. 1897). Ihr prägte sich das Lied besonders tief ein. In dieser notvollen Zeit leistete sie vielen trauernden, kranken und notleidenden Menschen kleine Hilfsdienste. Dabei trug sie mit ihrer weichen, klaren Stimme auch oft dieses Lied vor und konnte viele dadurch ermuntern.

Anfang Januar 1919 drangen die Bolschewiken in Riga ein und übernahmen die Macht. Adelige, leitende Beamte und Prediger galten als Hauptfeinde des Kommunismus. Sie wurden in großer Zahl inhaftiert, und viele wurden ermordet. Auch Prediger Doebler, der inzwischen nach Riga zurückgekehrt war, und Marions Mutter wurden eingekerkert.

Als Marion von Klot sich um die Freilassung ihrer Mutter bemühte, wurde sie selbst am 7. April 1919 von den Bolschewiken ins Zentralgefängnis von Riga eingeliefert. Auch hier tröstete die junge Frau die 30 Mitgefangenen in ihrer Zelle mit ihrem Gesang und ihrem Zuspruch.

Abend für Abend sang sie: „Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl.“ Das Lied wurde auch von anderen Zellen aus gehört und richtete den Blick zu dem ewigen Gott, der die Gläubigen durch alle Leiden hindurch sicher ans Ziel bringt, in die ewige Herrlichkeit.

Am 22.5.1919, als die Baltische Landeswehr Riga zurückeroberte, wurden Marion von Klot und zahlreiche Mitgefangene noch im letzten Augenblick von den Kommunisten erschossen.

Nach ihrem Tod fand sich in Marions Neuem Testament ein Blatt Papier, worauf sie Notenlinien gezogen und aus dem Gedächtnis die Worte und die Weise „ihres“ Liedes aufgeschrieben hatte:

Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl;

das macht die Seele still und friedevoll.

Ist's doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,

dass ängstlich schlägt mein Herz, sei's spät, sei's früh.

Du weißt den Weg ja doch, Du weißt die Zeit;

Dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.

Ich preise Dich für Deiner Liebe Macht,

ich rühm die Gnade, die mir Heil gebracht.

Du weißt, warum der Wind so stürmisch weht,

und Du gebietest ihm, kommst nie zu spät.

Drum wart ich still, Dein Wort ist ohne Trug,

Du weißt den Weg für mich - das ist genug.

Hedwig von Redern (1866-1935)

(aus: Folge mir nach - Heft 4/2011)

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