Zusammenkünfte zum Thema Versammlung V (Plainfield, 1896)

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Gemeinschaft im Dienst

Die Versammlung sollte zur Ausübung des Dienstes unter uns wie auch zu anderen Zwecken zusammenkommen. Ist es richtig, uns hierbei von einzelnen Dienern abhängig zu machen? So wie wir in der Versammlung alle Priester und zugleich Soldaten (Eph 6) sind, sind wir auch alle Diener. Was wir brauchen, ist mehr praktisches Interesse und Sorge füreinander und die Interessen des Herrn, damit wir Gemeinschaft mit Ihm haben können im Lesen seines Wortes und in dem, was Er tun und getan haben möchte. Wir dürfen unsere persönlichen Unterschiede beibehalten. Dennoch sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir ein gemeinsames Anliegen haben. Einige fürchten Organisation und zu viel Systematik in einer solchen Sache. Aber Gottes Wege haben in sich immer eine Art „System". Er ist ein Gott der Ordnung.

Schon das Zusammenkommen, in dem wir über solche Angelegenheiten sprechen, wird unseren Blick weiten. Wir wünschen, dass alle aktiv sind und ein Herz und eine Seele haben, die sich in der Sache des Herrn engagiert. Eine solche Zusammenkunft wird zum Segen aller Zusammenkünfte sein. Sie sollte jedoch nicht mit irgendeiner anderen Versammlungsstunde direkt verknüpft werden. Gibt es für ein solches Zusammenkommen eine Grundlage in der Schrift? „Lasst uns aufeinander Acht haben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken" (Heb 10,23). Wir sind passend zusammengestellt worden und haben in diesem Sinn eine göttliche Organisation.

Dienst ist in der Schrift ein sehr allgemeiner Begriff und reicht vom Dienst eines Apostels bis zum geringsten Dienst, den man nennen könnte. Phöbe war eine Dienerin der Versammlung (Röm 16,1.2), sie tat einen notwendigen Dienst in der Versammlung.

Zusammenkommen zur Gemeinschaftsförderung

Wir brauchen diese Zusammenkunft der Gemeinschaft, um unsere Herzen gemeinschaftlich auf das Werk des Herrn auszurichten, um Gemeinschaft mit dem Herrn in dem zu haben, was Er gerne getan haben möchte, und um seine Interessen zu erwägen.

Die Versammlung sollte das glückliche Zuhause und der Bienenstock jedes christlichen Fleißes sein, wo jeder bei der Arbeit ist. Wenn das alles durch echte Gemeinschaft gestützt wird, werden viele Wurzeln der Bitterkeit aufgehalten werden.

Ein solches Zusammenkommen zur Gemeinschaft sollte einen informellen Charakter tragen. Vielleicht kann ihm ein gemeinsames Abendessen und ein persönlicher Austausch vorausgehen. Wenn wir uns an den Charakter der Versammlung erinnern, sollten wir den Charakter der Familie nicht vergessen. Hier kann jede Art von Werk zwanglos besprochen werden - das Verteilen von Traktaten, Besuche, die Arbeit in Krankenhäusern, Hauskreise und alle anderen Angelegenheiten, die mit den Versammlungsaktivitäten in Verbindung stehen. Wenn wir Zusammenkünfte zur Zucht haben, wo unsere Trauer ausgedrückt wird, sollten wir dann nicht auch Zusammenkünfte haben, um uns mit dem leuchtenden Gegenstand des freudigen Dienstes für den Herrn zu befassen? Wenn es eine Last darstellen sollte, diese Zusammenkunft den schon bestehenden Versammlungsstunden hinzuzufügen, könnte man überlegen, einmal im Monat eine andere Wochenzusammenkunft ausfallen zu lassen, um dieser „Zusammenkunft der Gemeinschaft" Platz zu machen.

Entfaltung von Gaben

Alle Gaben, die Christus zur Erbauung seines Leibes gab, schenkt Er trotz unsers Versagens auch weiterhin. Solche Gabe aber, die zur Einführung des Christentums in der Welt dienten wie z. B. Wunderwerke, Zeichen etc., wurden weggenommen. Wunderwerke bezeichnen etwas, das über die Fähigkeiten des Menschen hinausgeht, und sie treten auf als

1. Wunder - sie erregen Aufmerksamkeit,

2. Mächte - sie sind übernatürlich,

3. Zeichen - sie sind bedeutsam durch das, womit sie verbunden werden.

Lukas 5,24 veranschaulicht dies. Christen denken so gering von der Wahrheit, die Gott gegeben hat, und sind alle so aufgeschlossen gegenüber Wunderwerken, dass Gott in seiner Güte diese Wundergaben im Blick auf die Neugier und Sensationsgier des Menschen wohl hat aufhören lassen. Wenn die Wahrheit gänzlich vor den Menschen steht, mögen Wunder sie von der Wahrheit selbst ablenken. Wunderwerke häufen sich zu bestimmten Zeiten, zu Beginn einer neuen Haushaltung, wie beim Auszug aus Ägypten oder beim Eintritt in das Land. Aber wenn das Volk einmal da war, starben die Wunder natürlicherweise aus, da Gehorsam gegenüber Gottes Wort völlig ausreichend ist.

Böse Systeme behaupten von sich, alle Gaben der Urkirche zu besitzen, und zitieren gewöhnlich Markus 16,17, um ihren Anspruch darauf zu beweisen. Wenn dies die ganze Zeit hindurch die Ordnung der Dinge wäre, würde es beweisen, dass es heute keine Gläubigen mehr gäbe, weil niemand diese Dinge tut.

Falsche Wundererzählungen

Was Joel 2,28-32 betrifft, so könnte man jene fragen, die diese Stelle als einen Beweis für Wunderwerke geltend machen: „Bewirkt ihr diese Wunder?" ... Die römisch-katholische Kirche spricht von den am höchsten bemerkenswerten Fällen in Verbindung mit Frau von Lourdes. Wir können uns zweifellos auf Gott verlassen, dass Er die Kranken aufrichtet, aber je lautloser dies geschieht, umso besser ist es. Es gab in Irland anfangs so viele Fälle von Heilungen, dass Bruder John Nelson Darby einmal sagte, sie würden geradezu zu einem Hindernis für das Werk.

Was die Anmaßungen vieler Glaubensheiler angeht, so werden die Leute gelehrt, Lügen zu erzählen. Sie sollen sagen, dass sie geheilt sind, egal was sie fühlen bzw. wirklich erlebt haben. Diese Menschen ignorieren völlig das Handeln des Herrn mit Timotheus, Epaphroditus, Paulus und Trophimus, die eben nicht durch Wunder geheilt wurden.

Ein großer Fehler, der von vielen gemacht wird, ist der, dass die Gabe der Heilungen, welche die von Gott gegebene Kraft bezeichnet, Kranke (hauptsächlich Ungläubige) zu heilen, mit der Erhörung von Gebeten durch den Herrn wie in Jakobus 5 verwechselt wird. Dies führt zu vielem leeren Gerede über Menschen, die angeblich deshalb nicht geheilt wurden, weil sie dafür zu ungeistlich seien. Dabei wissen wir, dass viele hingebungsvolle Gläubige große Leiden zu erdulden haben. Es ist mehr Gnade erforderlich, um den Willen des Herrn geduldig zu ertragen, als „geheilt zu werden", was oft leider bedeutet, dass die Krankheit vom Körper zur Seele wandert. Es ist bemerkenswert, dass angesichts eines so wissenschaftlichen Zeitalters die Leute niemals leichtgläubiger waren als heute. Warum? Weil sie sich von Gottes Wort wegwenden.

Zum Segen der anderen tätig sein

Aber wenden wir uns anderen Gaben zu: Jedes Kind Gottes sollte fähig sein, zum Segen der anderen beizutragen. Das geschieht, wenn wir Sorge füreinander haben und wenn wir tätig werden im Werk nach draußen. Diese tatsächlichen Gaben, die der Herr gegeben hat, werden bereits zu einem Zeitpunkt geschenkt, an dem man überhaupt nicht wissen kann, worin sie eigentlich bestehen. Gott passt die Gabe in hohem Maße an das Gefäß an, in das er sie hineinlegt. Der Evangelist wird sich leicht dessen bewusst, dass er etwas hat, das die Menschen brauchen. Er benutzt diese Gabe, so dass sei weiter wächst. Es mag in einer Versammlung echte Hindernisse für die Entfaltung einer Gabe geben. Sie wird oft durch die kalte Schulter abgekühlt, die man einfachen Vorschlägen gegenüber zeigt.

Wir finden in 2. Timotheus 2,2 den Grundsatz der Unterweisung. Die Wahrheit sollte von solchen vermittelt werden, die sie an andere weitergeben können, die sie dann wiederum weiter verbreiten werden. Das gründliche Studium des Wortes Gottes ist leider wenig bekannt, und wir müssen das Volk Gottes auf jede mögliche Weise zum Studium seines Wortes anregen. Mit den heutigen Vorteilen des schriftlichen Dienstes in Form von Büchern, Zeitschriften, Vorträgen etc. sollte der sorgfältig nach der Wahrheit Suchende wenig Schwierigkeiten haben, diejenige Hilfe zu bekommen, die er benötigt. Es wäre sicher ein Vorteil, wenn man den persönlichen Kontakt zu jemand bekommt, der in der Lage ist zu belehren. Auf diese Weise mag eine Anzahl von Personen eine Zeitlang zum Bibelstudium zusammenkommen und von einer solchen Hilfestellung profitieren, die der Herr gibt. Eine gemeinsame Arbeit im Evangelium mit jemandem, der über Erfahrung und Kenntnis verfügt, ist ebenfalls von großem Vorteil.

Das Studium des Wortes ist im Blick auf den Geist und die Gesinnung des Gläubigen von großem Wert. Die Gefahr bei den Dienern des Herrn ist, dass sie sich auf einen zu engen Bereich der Wahrheit beschränken und dabei das Wort Gottes in seiner Gesamtheit vernachlässigen. Dagegen hilft die Anleitung durch solche, die umfassend und tief mit diesem Wort Gottes vertraut sind. Falsche Lehre findet man überall, sie drängt sich überall hinein. Das Heilmittel ist das Wort Gottes in seiner Gesamtheit, und es ist notwendig, dass der Mann Gottes völlig damit ausgestattet ist. „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen, denn wenn du dies tust, so wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, die dich hören" (1. Tim 4,16).

Besuch von Versammlungen

Es gibt viele kleine Versammlungen in entfernten Gegenden, die von jenen nicht übersehen werden sollten, die sich dem Dienst unter den Gläubigen hingegeben haben. Von Petrus heißt es, dass er „überall hindurchzog" (Apg 9,32). Paulus und Barnabas taten dasselbe (Apg 15,36). Paulus „durchzog der Reihe nach die galatische Landschaft und Phrygien und befestigte alle Jünger" (Apg 18,23).

Obwohl dies eine Sache der persönlichen Verantwortung ist, bleibt es eine allgemeine Regel, dass der Besuch von Versammlungen vonseiten der Diener des Herrn nicht vernachlässigt werden sollte. Regionale Konferenzen, die von den Versammlungen in einer bestimmten Gegend leicht erreicht werden können, sind ebenfalls sehr nützlich. Jede Versammlung in der Umgebung sollte bestrebt sein, dort durch so viele Geschwister wie möglich vertreten zu sein. Auf einer solchen Konferenz könnte ein Teil der Zeit Bericht über das Werk des Herrn in diesen verschiedenen Versammlungen und über ihre Bedürfnisse gewidmet sein. Auf diese Weise würde das Band der Gemeinschaft zwischen Versammlungen gestärkt werden.

Wenn ein örtliches Zusammenkommen an einem neuen Ort neu entsteht, wäre es gut, die Gemeinschaft mit ein oder mehreren Versammlungen in der Umgebung zu suchen, wenn es möglich ist. Was wir in allen Versammlungen brauchen, ist die Belebung des Versammlungslebens sowie die Verwirklichung der Lehre der Schrift, was die Einheit des Leibes und des Geistes betrifft.

Geben

Die Diener des Herrn werden bereitwillig Not an ihren Orten zur Kenntnis nehmen und versuchen, ihr zu begegnen. Versammlungen mit größerer Kraft sollten sich auch um die schwächeren in ihrer Nachbarschaft kümmern und so alle fest miteinander verbunden bleiben.

Was Gegenden ohne Versammlungen angeht, so sollte jeder, der als Diener dorthin reisen möchte und vom Herrn dorthin gesandt wird, durch unsere Gebete und unsere praktische Gemeinschaft gestützt werden. Er blickt auf den Herrn in Erwartung seiner Unterstützung, und der Herr blickt auf sein Volk und gibt ihnen das glückliche Vorrecht, Kanäle seiner Freigebigkeit zu sein. Mögen wir alle zu einem ernsthafteren Verlangen und Gebet wachgerufen werden, dass der Herr Arbeiter in die neuen und bedürftigen Felder der Welt aussendet. Wenn dies der Fall ist, können wir auf umfassenden Segen zählen und uns daran erfreuen, miteinander in diesem gesegneten Werk zu arbeiten.

Sonntagschularbeit

Das Gedeihen einer Sonntagschule hängt viel davon ab, ob deren Leiter Kinder liebt und moralische Autorität besitzt. Es ist notwendig, dass die Kinder in allen Wahrheiten und Geschichten des Wortes unterwiesen werden, nicht allein im Evangelium. Gnade und Gesetz stehen im Gegensatz zueinander, Gnade und Autorität nicht.

Was Musik und Unterrichtsblätter betrifft, so lasst uns bemüht sein, unsere Kinder die Grundsätze der Wahrheit und der Anbetung zu lehren. Wie können wir bewusst etwas zulassen, dass später wieder auf schmerzhafte Weise abgelegt werden muss? Unterweist sie in der Erkenntnis der Schrift und seid ein rechtes Vorbild!

Es zeigt sich, dass es nicht nur interessant und höchst nützlich ist, wenn Bibelstellen zum Auswendiglernen aufgegeben werden und zusammen nachgesprochen werden, sondern es handelt sich um das Aussäen des kostbaren Samens, den der Herr im weiteren Leben gut gebrauchen kann.

Die Orgel stellt eine Verbindung zu menschlichen Systemen dar. Sie führt von der Schlichtheit des Evangeliums weg. Im Alten Testament machte Gott alles anziehend für die Menschen, indem er ihre Sinne ansprach. Jetzt besteht die ganze Kraft, die wir haben können, in der Kraft des Heiligen Geistes. Wenn wir mehr Herz zeigen würden, würden solche Seelen, zu denen uns Gott als Diener senden möchte, angezogen werden.

Alles, was bloß die Gefühle anspricht, zerstört letztlich das Gewissen. Durch solche Appelle werden zu der Gruppe der Bekehren gezählt, auch wenn sie es überhaupt nicht sind.

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