Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde

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Sündigt der Gläubige oder nicht?

Auf den ersten Blick scheint es eine große Schwierigkeit zu sein, die Wahrheiten in den beiden Stellen in Einklang zu bringen. In Kapitel 3 wird ausdrücklich gesagt: „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel“, und „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde.“ Wir müssen uns bewusst sein, dass wenn wir dies auf unser praktisches Leben angewandt, in einem absoluten Sinn verstehen, dies alle unsere Hoffnungen zerstören müsste und jeden Gläubigen von der Erde vertilgen würde.

In Kapitel 1 wird aber gesagt: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Hier wird die Behauptung, keine Sünde zu haben, als Betrug bezeichnet, wogegen in Kapitel 3 gesagt ist, dass der „aus Gott geboren ist, nicht Sünde tut.“ Doch widersprechen sich diese beiden Stellen nicht.

1. Jo 1: Der Gläubige in Verbindung mit dem Vater

In Kapitel 1 betrachtet der Heilige Geist den Gläubigen als in die Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn gebracht und in der Gegenwart Jesu Christi (Verse 3,7). Wenn ich in eine solche Gemeinschaft gebracht bin und dann sage: „Ich habe keine Sünde“, so betrüge ich mich selbst und die Wahrheit ist nicht in mir. Diese Gegenwart und die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn müssen die Sünde aufdecken und mir meine Verfehlungen offenbar machen.

Die Tätigkeit des Fleisches ist immer das eigentliche Hindernis für die Gemeinschaft, aber in der Gemeinschaft mit Gott wird mir meine Verfehlung bewusst, und die Vorsorge dafür ist die hier genannte: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“ Gewiss, dieses Werk Christi ist ein abgeschlossenes, aber das ist kein Hindernis für die andere Wahrheit, die nötig ist für die Aufrechterhaltung unserer Gemeinschaft, nämlich die gegenwärtige Anwendung dieses Blutes, das von aller Sünde reinigt, auf unsere Seelen, durch den Heiligen Geist.

1. Jo 3: Der Gläubige im Gegensatz zu der Welt

In Kapitel 3 betrachtet der Heilige Geist den Gläubigen nicht in der Gegenwart des Vaters und des Sohnes, sondern in der Gegenwart der Welt. In Gegenwart des Vaters und des Sohnes wird von ihm gesagt, er habe Sünde; aber im Gegensatz zu der Welt ringsum, die im Argen liegt, wird von ihm gesagt: „Er tut nicht Sünde“.

Die Kinder der Welt haben keine neue Natur; sie haben nichts als Sünde. Aber der Gläubige hat eine neue, eine heilige und liebende Natur, die keine Sünde tut.

Der Vergleich: Wie Jesus mit und über Johannes den Täufer spricht

Nehmen wir den Fall von Johannes dem Täufer als Illustration (Matth. 11). Johannes war im Gefängnis. Er kam nicht darüber hinweg und sandte Boten zum Herrn Jesus, um zu erfahren, ob Er wirklich der Eine war, für den er Ihn gehalten hatte. Jesus sagte zu den Boten: „Geht hin und verkündet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde werden sehend“, usw. Damit fragte Er ihn eigentlich: Könnte irgend ein anderer außer dem Messias alle diese wunderbaren Dinge getan haben? Aber dann fügte der Herr hinzu: „Glückselig ist, wer sich nicht an mir ärgern wird!“

Da haben wir zuerst die persönliche Zurechtweisung zwischen Ihm selbst und Johannes allein. Aber als die Boten hingingen und der Herr den Johannes im Gegensatz zu allen anderen sah - wir könnten sagen: im Gegensatz zur Welt - mit welcher Liebe sprach Er da von ihm! Er beschrieb ihn der Volksmenge als einen Propheten, im Vergleich mit welchem unter den von Frauen Geborenen kein Größerer aufgestanden war!

Zusammenfassung

Der erste dieser beiden Fälle zeigt uns den Gläubigen in der Gegenwart des Herrn, und da wird ihm alle seine Sünde bewusst. Aber im zweiten Fall wird Johannes durch den Herrn vor allem Volk vollkommen gerechtfertigt. So wird in 1. Johannes 1 die Sünde, die in uns ist, aufgedeckt, weil wir im Licht der Gegenwart des Herrn wandeln. Aber in 1. Johannes 3, wenn wir im Gegensatz zur Welt gesehen werden, wird gesagt, dass wir keine Sünde tun. In gleicher Weise rechtfertigte Gott Israel vor seinen Feinden und sagte durch Bileam, dass Er keine Ungerechtigkeit erblicke in Jakob und kein Unrecht in Israel (4. Mose 23,21).

Aber wenn wir uns vor Gott befinden, ist es anders. Sind wir in seine Gegenwart gebracht, sehen wir, was wir sind. Dann redet Er im Verborgenen zu unseren Ohren von all unseren Verfehlungen, aber auch von seiner gnädigen Vorsorge, um ihnen zu begegnen: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“

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Mit freundlicher Genehmigung des Beröa Verlages.
Halte Fest Jahrgang 1978 - Seite: 92

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