Bist du gewachsen, Kind?

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In meines Vaters Werkstatt, da weiß ich eine Tür,
die hab’ ich oft betrachtet mit stummer Andacht schier.
Da waren stufenweise von meines Vaters Hand,
viel Strich - und Namenszeichen, kein Fremder sie verstand.

Und hatten in der Werkstatt wir Kinder uns verirrt,
dann haben wir gar eifrig die Zeichen durchstudiert.
Hier konnt‘ man deutlich sehen, wie viel in einem Jahr
ein jedes Kind gewachsen, - wie wichtig das uns war.

Dann haben wir uns heimlich gemessen - das war schön,
genau wie wir’s vom Vater einst haben gern gesehn.
In hellem Jubel brachten der Mutter wir geschwind,
als dann die frohe Kunde, dass wir gewachsen sind.

Doch einst, als ich voll Freude der Mutter hab’s erzählt,
dass mir zur rechten Größe nur wenig es noch fehlt,
da lächelt sie so eigen; nun sage mir geschwind:
“An deinem innern Menschen, bist du gewachsen, Kind?“

An Alter nehmen alle wir zu von Tag zu Tag,
dass flüchtig unser Leben, sagt jeder Glockenschlag.
Doch gilt’s die Zeit zu nutzen, denn es ist Gnadenzeit.
Kurz ist das Erdenleben und lang die Ewigkeit.

Auch du bist eingepflanzt in deines Vaters Reich,
da sollst du Früchte bringen für’s sel’ge Himmelreich.
Und jeden Abend richtet der Heiland ernst und lind
an dich die ernste Frage: Bist du gewachsen, Kind?

Ich habe ganz andächtig der Mutter zugehört
und habe nie vergessen, was sie mich hat gelehrt.
Hat sie manch gutes Wort auch gesprochen in den Wind,
eins hab ich nie vergessen: „Bist du gewachsen, Kind?“

Als ich dann groß geworden, da zog’s mich weit hinaus,
und erst nach Jahren kam ich zurück ins Elternhaus.
Und abends, als die andern schon längst zur Ruhe sind,
fragt mich die Mutter leise: „Bist du gewachsen, Kind?

Der Boden deines Herzens, ist er ein gutes Feld?
Die Saat, die einst gesäet, sag, ist sie wohl bestellt?
Bringt sie nicht taube Ähren? Ach Spreu verweht der Wind,
in deinem Glaubensleben, bist du gewachsen, Kind?“

Das heilige Vermächtnis, o teures Mutterherz,
du sollst mich stets begleiten, mein ganzes Leben fort!
Und will ich träge werden, bring mich zurecht geschwind,
der Mutter ernste Frage: „Bist du gewachsen, Kind?“

Doch weil ich arm und schwach noch bin, drum fleh ich Herr zu Dir:
gib Du zum steten Wachstum doch deinen Segen mir!
Lass mich am innern Menschen, erstarken mehr und mehr,
lass gute Frucht mich bringen, zu Deines Namens Ehr!

Und wenn ich einst die Mutter bei Dir, Herr, wieder find,
dann mög’ sie mir bezeugen: „Du bist gewachsen, Kind!“

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