Besonderheiten im Leben Jesu (17) - "Freund" Judas Iskariot

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Wer war Judas?

Welch eine Szene! Der Herr Jesus hatte, nur wenige Stunden vorher, zusammen mit Judas Iskariot an demselben Tisch gelegen. Gerade Judas war es, der von dem Herrn ein Stück vom Passahlamm oder von dem ungesäuerten Brot gereicht bekommen und gegessen hatte (Joh 13,26). Er muss also in der unmittelbaren Nähe Jesu gesessen bzw. gelegen haben. Als Kassenwart (Joh 12,6) war Judas ein besonderer Vertrauensdienst vom Herrn Jesus übergeben worden. Und das, obwohl der Herr wusste, dass Judas ein Dieb war (Joh 12,6). Jesus hatte sich über drei Jahre mit Judas Iskariot nicht nur abgegeben - Er hatte sich um diesen mit vollkommener Liebe bemüht.

Dann hatte Judas die vertraute Gemeinschaft des Herrn und der anderen elf Jünger verlassen. Er war in die Nacht hinausgegangen (Joh 13,30). Nachdem der Herr Jesus mit seinen übrigen Jüngern noch eine vertraute Unterhaltung gepflegt und sie in wunderbarer Weise in die neue Beziehung zu ihrem himmlischen Vater eingeführt hatte, waren sie mit einem Loblied hinaus an den Ölberg gegangen. Dort sprach Jesus diese drei zu Herzen gehenden Gebete zu seinem Vater.

Die Gesinnung von Judas

Kaum, dass der Herr Jesus diese Gebete beendet hatte, kam Judas mit einer großen Volksmenge, ausgesandt von den Feinden Jesu (Mt 26,47). Und er besaß die Frechheit, seinen Meister mit einem Kuss der Freundschaft und Vertrautheit zu begrüßen: „Und sogleich trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt Rabbi!, und küsste ihn sehr“ (Mt 26,49).

Auf diese unverschämte Geste von Judas Iskariot reagiert der Herr nicht, indem Er diesen vernichtet. Er hätte dieses Recht gehabt, war Er doch der Schöpfer auch von Judas, der sich in dieser heuchlerischen Weise an seinem Schöpfer versündigte. Aber ein solches Handeln war nicht die Weise unseres Herrn. In einem letzten Appell an das Gewissen von Judas spricht ihn der Herr an: „Freund, wozu bist du gekommen!“

Was für ein Freund!

Hier handelte es sich nicht um eine Freundschaft, wie sie der Herr Jesus zu Lazarus hatte. Hier benutzt der Herr einen Ausdruck, der seinen Gegenüber als seinen mehrjährigen Gefährten und Genossen kennzeichnet. Und doch ist es ein letzter Appell der Liebe. Denn der Herr Jesus wollte nicht den Untergang des Judas. Er wollte von Beginn an sein Herz gewinnen. So auch hier. Anstatt ihn zur Rede zu stellen, spricht Er diese schlichte Frage aus: „Wozu?“ Konnte es sein, dass „ein Mensch wie ich, mein Freund und mein Vertrauter; die wir vertrauten Umgang miteinander pflegten, ins Haus Gottes gingen mit der Menge“ (Ps 55,14.15), den Herrn verraten und in die Hände von Feinden Gottes, von Feinden Jesu, ja von ursprünglich Feinden des Judas selbst überliefern wollte?

Das letzte Wort an Judas!

Es war das letzte direkte Wort, das der Herr an seinen Jünger hier auf dieser Erde richtete. Wie wird dieses letzte Wort der Liebe des Herrn in Ewigkeit ein Brandmal für Judas Iskariot sein - im Hades und dann im Feuersee. Und welch eine Begegnung wird es sein, wenn Judas Iskariot noch ein einziges, letztes Mal vor seinem Meister stehen wird, nach Offenbarung 21,11 ff: „Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden.“ Dann wird Judas nicht mehr mit „Freund“ angesprochen werden. Und doch wird er an diesen Augenblick zurückdenken müssen - in Ewigkeit!

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